1972 geboren wuchs ich auf als untypisches Kind meiner Zeit, umgeben von Musik und allen Möglichkeiten kreativen Gestaltens. Stricken war lange nicht dabei! Warum? Meine Mutter hatte Stricken in der französischen Besatzungszone gelernt. In Frankreich gibt es eine andere Nadelhaltung und Fadenführung und sie wollte mir nichts „Falsches“ zeigen, wenn wir in der Schule stricken würden. In der Kindergruppe unserer Kirche habe ich es dann gelernt: krumme schiefe grüne Topflappen waren das erkämpfte Erstergebnis. Also ist meine Strickkunst nicht das Ergebnis: über Generationen „auf dem Schoß der Großmutter gelernt“, wie bei vielen.

Ich bewunderte die 80er Jahre Aerobic-Wollstulpen à la Jane Fonda meiner Klassenkameraden. Da ich keine bekam, strickte ich mir welche (in der 3./4. Klassen?) als zweites Strickprojekt. Schon damals fand ich eine große einfarbige Fläche in Glatt Rechts zu stricken langweilig und fügte in vielen Farben bunte Minimascheninseln und bunte Herzchen ein: ohne Erklärung, einfach irgendwie. Dabei entdeckte ich, dass Wolle sich verschieden verhält wenn sie unterschiedlich dick oder flauschig ist. Das Rätsel ein gleichmäßiges Maschenbild zu bekommen musste gelöst werden: wie man dazu den Arbeitsfaden hält, dass er gleichmäßig durch die Hand gleitet für die perfekte Fadenspannung, Spannfäden und deren Längen und deren Verkreuzung im Hintergrund, dass das Gestrick auch noch flach und nicht wellig wird.

Zuhause hatte meine Mutter ein „burda“ Abo. In jeder Ausgabe war ein Strickprojekt. Als ich das entdeckte, hat es mir das Lernen sehr vereinfacht: so habe ich mit Freude, meine Liebe für Strickhefte und -bücher entdeckt. Besonders interessant wurden die Projekte und Muster mit Herausforderung. Da ich nie die richtige Wolle bzw. Wollmenge hatte, musste ich kreativ umdenken. Dabei kam automatisch ein neues Projekt heraus, auch mal ein neues Muster. Wir hatten mehr Stoffreste als „sinnvolle Wollreste“, also war Stricken neben dem Nähen immer nur eine seltene Nebenbeschäftigung.

Wolle war und ist wertvoll: mein Erspartes von meiner Patentante habe ich einmal auf meiner Großfahrt mit den Pfadfindern in Norwegen in Bergen in einem Wollgeschäft ausgegeben: meine erste Natur-Wolle im Strang! Während der Fahrt diente mir das Wollpäckchen als kuscheliges Kopfkissen. Da wir nur wandernd unterwegs waren, musste ich dieses zusätzliche 800 g Gewicht immer herumtragen. Mehrere Mode-Prospekte mit Norwegerpullis aus dem Lädchen lieferten mir die Muster(ideen) für meinen Pulli. Die Wolle hat nicht gereicht – ich musste wieder einen Teil des Anfang aufziehen und neu verteilen, Wolle dazukaufen (die als superwash-Garn eigentlich viel zu glatt war) – aber – der Pulli passt mir heute noch (dank der überweiten Mode der 80er).

Nur wenige Strickprojekte konnte ich realisieren: Wolle war und ist wertvoll! Aber immer wieder leistete ich mir das Material für ein Projekt bzw. eigentlich umgekehrt: ich sah eine Wolle in schönen Farben in meinem Budget und überlegte mir ein Projekt dazu. Eine Zeit lang hatte ich Asthma und war viel zuhause, da habe ich viel gestrickt, denn Nähen war zu staubig – bis auch Stricken zu staubig wurde. Dann habe ich es mit Baumwolle probiert: das ging, war weniger staubig und flusig beim Stricken. Leider bekam ich Sehnenscheidenentzündung kurz vor meiner Geigenzwischenprüfung. Akupunktur rettete mir die Prüfung, aber Stricken zum Geigen verbot ich mir lange Zeit.

 

Um das Diplom herum änderte ich grundlegend meine Geigenspieltechnik mit Hilfe von Körperschulen wie Alexandertechnik, Ideen vom Feldenkrais, Krankengymnastik und Yoga. Mit diesem Wissen und neuem Körpergefühl  habe ich dann wieder gestrickt: was war der Anlass?

Von einer Bekannten hatte ich eine Menge wunderbare Wolle geerbt. Also ging es wieder weiter mit dem Thema: zu der Wolle das passende Projekt finden – also habe ich mir welche ausgedacht.

Zahlbare Stricknadeln (Rundnadeln- und Spielnadeln) in Sets in allen Größen und Millimeter-Karo-Papier für Strickentwürfe ermöglichten mir große Freiheit meinen Ideen. Bei jedem Projekt kommen einem Ideen für weitere Projekte. Strickprojekte zu verkaufen war zwar in meinem Hinterkopf, aber dafür waren sie viel zu Zeit- und Kreative-Energie intensiv.

Bei einer großen Supermarktkette gab es Filzwolle – daraus Taschen zu fertigen war meine Grundidee, dass es funktionieren könnte ein Strickgeschäftchen zu haben. In dieser Zeit kam es bei einer Strandwanderung auf dem Kniepsand von Amrum im Regen zum Versprecher „schnell zurück zum Strickkorb“ statt zum Strandkorb: damals haben wir gelacht und beschlossen, wenn ich mal ein Strickgeschäft hätte, würde es etwas mit diesem Strand“Strick“korb zu tun haben.

Ein Todesfall in der Familie war ganz furchtbar: die erste Woche habe ich durchgehalten, weil ich mir die „Nautilus“ aus Strickfilz ausgedacht habe. In der Zeit konnte ich kaum geigen, da das ohne Emotionalität nicht geht und so realisierte ich „Atelier StrickStrand“. Zum Filzen suchte ich Naturwolle in den Farben, die ich mir vorstellte. So entdeckte ich meine erste Verkaufswolle: die handgesponnene Naturwolle Michels mit Sitz in Gernsbach. Das liegt ein Schwarzwaldtal weiter von unserem Albtal. Die Fuchswolle von „Das goldene Vlies“, die mit Pflanzen gefärbt und gebeizt wird, habe ich in Maulbronn beim Klostermarkt entdeckt. Schon immer umweltbewusst am Thema Nachhaltigkeit (als es den Begriff so noch nicht gab) interessiert und engagiert, fand ich (regionale) Naturwolle zu vermarkten einen guten Gedanken und so suchte ich nach neuen Wegen für meinen StrickStrand. Die regionale Wolle war vielen für Schals zu kratzig, so suchte ich nach kuscheliger Naturwolle, die ich ethisch vertreten konnte und fand die handgefärbte faire Wolle der Firma malabrigo: die mulesingfreie zarte Wolle aus Uruguay/Peru.

Leider musste die weitere Suche nach Neuem pausieren, da meine Musikschule geschlossen wurde. Nach 25 Jahren im Beruf hatte ich mein sicheres Standbein verloren! Als Beamtenkind mag ich so etwas gar nicht und habe deshalb eine Umschulung zur Hörakustik gemacht. Nun bin ich Gesellin und der StrickStrand bekommt wieder mehr Liebe und Zeit:

Mein neuer Grundgedanke ist:

Es gibt Fertiges – und es gibt alles zum Selbermachen

Zunächst baue ich Schritt für Schritt den online shop auf und es wird zum Material und Werkzeug immer mehr Strickpäckchen geben (dank der Entwicklung von Software für Strickschriften, das alte Millimeterpapier hat ausgedient). Für den, der nicht stricken kann, gibt es Fertiges wie gehabt: nur Unikate, alles ausschließlich von mir erdacht und gemacht. Mein Mann kann inzwischen Norwegertaschen stricken, vielleicht ist von ihm irgendwann etwas erhältlich. Einige von Euch kennen ihn bereits: bei jedem Markt ist er an meiner Seite, manchen musste er alleine bewältigen, da ich mit dem Orchester unterwegs war oder im Internat der Umschulung. Freunde habe ich an meiner Seite, auch Models aus dem Bekanntenkreis.

Wer mitmachen mag, ist willkommen: ob als Model, Probestricker von meinen Anleitungen, Helfer bei Events, Ideengeber für Blogartikel, Strick- und Häkelprobenersteller für die Wolle, Helfen beim Thema Social Media … vielleicht gibt es ein Plätzchen für „Dein Handtuch“ am StrickStrand.

 

Wolle war und ist wertvoll, ein nachhaltiges wärmendes Gut, aufwendig in der Herstellung und Vermarktung – und sooooooo schön beim Verarbeiten mit den richtigen Werkzeugen.

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